Hochschule Anhalt

Die Kraft des Wissenstransfers: Das Projekt FORZA an der Hochschule Anhalt

Von Claudia Aldinger | 17. März 2021

Wird eine Innovation aus der Forschung gemeldet, ist die Arbeit im Hintergrund kaum sichtbar: das Projektmanagement, die Verwertung der Ergebnisse, Anschlussprojekte, damit wichtige Erkenntnisse nicht liegen bleiben. Die Pflege regionaler und überregionaler Netzwerke. Um ihren Wissenstransfer strukturell zu stärken, hat die Hochschule Anhalt 2018 das Projekt "FORZA" auf den Weg gebracht. Unter diesem Akronym (steht für: Forschungs- und Technologietransfer für das Leben im Digitalen Zeitalter) hatte sie sich erfolgreich im Programm Innovative Hochschule des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) beworben.

 

 

 

Einen starken Anwendungsbezug hat die Hochschule Anhalt von jeher. Insofern konnte das FORZA-Team um Jan-Henryk Richter-Listewnik von den forschungsstarken Wissenschaftler:innen schnell lernen, was für eine Verwertung von Ergebnissen (noch) gebraucht wird. In dem an das Projekt geknüpften Strategieprozess fokussierten die Anhalter Wissenschaftler:innen und Transfer-Mitarbeiter:innen zugleich die Frage: "Wie bekommen wir die Forschung noch mehr in Richtung der Bedarfe der Wirtschaft - vor allem der regionalen", erklärt Richter-Listewnik. Der Wissenstransfer sollte zukünftig schon weit vor der eigentlichen Forschung beginnen.

Ihre Ideen manifestierten sie in acht Teilvorhaben. Worin die Kraft einzelner Maßnahmen des FORZA-Projekts steckt und was sie bereits bewirkt haben, zeigt die folgende Auswahl.

 

Innovationsbündnis Anhalt e.V. - Ein Neustart für alle, die wollen

Im Oktober 2021 kann die Hochschule Anhalt auf 30 Jahre Forschung und Lehre zurückblicken. Inklusive ihrer Geschichte vor 1991 eine halbe Wissenschafts-Ewigkeit. Dazu gehörten auch immer Beziehungen in die regionale Wirtschaft: 80 Prozent ihrer Drittmittel kommen aus Kooperationen mit Firmen aus Sachsen-Anhalt. "Uns war es wichtig, für solche Beziehungen eine Struktur zu schaffen", erklärt Richter-Listewnik, der dafür auf eine traditionelle Idee setzte: einen Verein. Im neu gegründeten Innovationsbündnis Anhalt e.V. sollten diejenigen Vertreter:innen aus Wissenschaft und Wirtschaft einen Raum bekommen, die einen Austausch wollen. Und davon gibt es offenbar einige.

"Der Bürgermeister von Köthen hatte umgehend den Vorsitz zugesagt. Inzwischen zählen wir zwölf Mitglieder vom kleinen KMU bis zum großen Konzern", erzählt Richter-Listewnik. Dass die Idee gut angenommen wurde, liegt möglicherweise auch am Format der Treffen: die Mitglieder dürfen die Themen selbst bestimmen, die Orte rotieren zwischen den Standorten der Mitglieder. Die Organisation liegt beim Projekt FORZA. Richter-Listewnik: "Der Verein erfüllt einen Bedarf nach persönlichen Kontakten und Informationsaustausch und orientiert sich dabei sehr stark an den Bedarfen der Mitglieder." Um Bedarfe geht es auch bei den Regionalen Innovationsforen. Hier stehen allerdings ganz konkrete Ideen für Forschung und Entwicklung im Fokus:

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"Die Regionalen Innovationsforen macht wahrscheinlich so stark, dass wir von Beginn an auf einen moderierten Austausch gesetzt haben und weniger auf das Format Tagung."

Christian Kegler. Transfermanager im Bereich Lebensmittel- und Prozesstechnik.

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Regionale Innovationsforen: Weniger Tagen, mehr miteinander reden und angehen

Vor allem einige langjährige, forschungsstarke Wissenschaflter:innen hatten Bedenken, ob das gut geht: verschiedene Vertreter:innen einer Branchen sprechen offen über ihren Innovationsbedarf und damit auch Probleme in ihren Betrieben. Und doch kamen sie: Vertreter:innen aus der Landwirtschaft und verschiedenen Lebensmittelbranchen, um über digitale Ideen, Biodiversität, Produktinnovationen, Optimierungen bei der Nutzung von Rohstoffen und Zukunftsthemen zu sprechen. Bis jetzt konnten die drei sogenannten Transfermanager im Projekt FORZA 37 Regionale Innovationsforen durchführen, aus denen dutzende Projektanträge hervorgegangen sind. Christian Kegler kümmert sich um den Bereich Lebensmittel- und Prozesstechnik: "Das Instrument macht wahrscheinlich so stark, dass wir von Beginn an auf einen moderierten Austausch gesetzt haben und weniger auf das Format Tagung." Und nach den ersten Reaktionen wurde das Format schnell angepasst:

  • in thematisch offene Foren: Wo liegen die Herausforderungen in den nächsten 5 bis 10 Jahren?
  • in thematisch geschlossene Foren, zu denen Vertreter:innen einer Wertschöpfungskette eingeladen werden
  • und in kooperative Foren für langjährige Hochschul- und Unternehmenspartner, die gern weiter an neuen Themen arbeiten möchten

Insbesondere die kooperativen Foren lösen ein langjähriges Ressourcenproblem forschungsstarker Wissenschaftler:innen an HAW: Netzwerke zu pflegen, um wichtige Erkenntnisse weiter zu nutzen. FORZA sieht sich dabei immer als Organisator und Vermittler: auch in die verschiedenen Fachbereiche, wenn Probleme nur interdisziplinär zu lösen sind.

 

 

 

Transfer über Partneraußenstellen und Kompetenzzentrum: Das muss jetzt auf den Markt

Antibiotika aus Algen? Damit die Gesellschaft davon profitieren kann, ist es noch ein langer Weg. Die Grundlagen haben die Algenbiotechnologen um Prof. Carola Griehl an der Hochschule Anhalt bereits erforscht. Im neuen Zentrum für Naturstoff-basierte Therapeutika (ZNT) arbeiten sie jetzt gemeinsam mit der Fraunhofer Gesellschaft am Transfer in die Industrie. Bisher unbekannte Wirkstoffe können hier gescreent und in pharmakologische Untersuchungen überführt werden. Das ZNT ist die erste Partneraußenstelle, welche das Projekt FORZA mit Hilfe von Personal-Mitteln auf den Weg gebracht hat. Weitere - auch aus anderen Fachbereichen - sollen über das Kooperations- und Transferzentrum Anhalt realisiert werden.

Vegane Lebensmittel, Phytopharmaka, Cosmeceuticals - Produkte aus Algen sind längst auf dem Markt. Als Rohstoffquelle sind sie effizienter und nachhaltiger als Landpflanzen und könnten die Ernährung der Weltbevölkerung sichern. Doch dafür braucht es noch bessere Herstellungsverfahren. Im mitteldeutschen Kompetenzzentrum für die industrielle Algenproduktion arbeiten die Anhalter Wissenschaftler:innen gemeinsam mit der Firma axxeo GmbH daran, Biotechnologieprozesse zu digitalisieren. Es geht um eine Erweiterung des an der Hochschule entwickelten Tannenbaum-Photobioreaktors um Industrie of Things- und Industrie-4.0-Schnittstellen. Nicht nur dafür wird auf dem Campus zukünftig mehr Rechenleistung gebraucht:

 

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"Wir wollen uns im Bereich Datenmanagement, Datenanalyse und auch bei der Visualisierung von Daten und der Entwicklung von KI etablieren."

Jan-Henryk Richter-Listewnik. Leiter des Projekts FORZA.

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Transfer durch fachübergreifenden Service: Rechenleistung für Big Data und Cloud-Technologien zieht Partner an

Daten fallen in nahezu jedem Forschungsprojekt an. Für Hochschulrechenzentren sind sie meist eine Herausforderung. Deshalb wird im Rahmen des BMBF-Projekts ein Servicezentrum für Big Data - und Cloud-Technologien aufgebaut. Neben leistungsstarker Hardware- und Software-Ausstattung steht hier die sichere Speicherung von Daten im Vordergrund, die inzwischen oft Voraussetzung ist, um FuE-Partner zu gewinnen. Das gilt insbesondere für die Anhalter Life-Science-Projekte, in denen es weitestgehend um digitale Lösungen geht. "Wir werben bei unseren Forschenden und auch Unternehmen für die Leistungen des Zentrums", erklärt Richter-Listewnik. Das Interesse sei groß, aber auch noch Berührungsängste zu spüren. "Wir wollen uns aber hier im Bereich Datenmanagement, Datenanalyse und auch bei der Visualisierung von Daten und der Entwicklung von KI etablieren."

Anhalt Institut of Technology Transfer: Wissen, wie Forschungstransfer funktioniert

Für welche Branche ist ein Forschungsergebnis relevant? Wessen Problem löst es? Wie bringen wir es auf den Markt? Solche Fragen spielen aktuell in den wenigsten Studiengängen - und für die wenigsten Forschenden - eine Rolle. Sie sind jedoch entscheidend für einen erfolgreichen Wissens- und Technologietransfer und schließlich für die Frage: Wird die Forschung einer Hochschule auch wahrgenommen. Mit dem Anhalt Institut of Technology Transfer sollen Transfer-Trainings systematisch angegangen werden. Jenseits einzelner Coachings. Es geht darum, Transfer-Wissen zu standardisieren und zu vermitteln. Damit verbunden ist auch die Hoffnung auf mehr, erfolgreiche Ausgründungen.

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Informationen und Kontakt zum Projekt FORZA an der Hochschule Anhalt

Zum Projekt FORZA an der Hochschule zählen 26 Angestellte und 13 Professorinnen und Professoren. Es wird über 5 Jahre (2018-2022) mit 7,8 Millionen Euro gefördert.

Das BMBF-geförderte Vorhaben ist Teil einer Transfer- und Forschungsstrategie, zu der auch das Forschungs- und Technologietransferzentrum (FTTZ) sowie das Gründerzentrum "FOUND IT!" gehören. Das FTTZ unterstützt die Forschenden der Hochschule Anhalt in erster Linie beim Management ihrer Projekte.

Seine Ergebnisse präsentiert FORZA auch auf den bundesweiten Treffen des "Innovative Hochschule"-Verbundes: https://www.innovative-hochschule.de/

Auf der FORZA-Homepage sind die 8 Teilvorhaben im Detail und mit Ansprechpartner:innen beschrieben. Fragen können gern an den Projektleiter Jan-Henryk Richter-Listewnik gerichtet werden: 03496-675310, jan-henryk.richter-listewnik@hs-anhalt.de

Auch die Hochschulen Harz, Magdeburg-Stendal und Merseburg waren im Programm Innovative Hochschule des BMBF erfolgreich. Sie arbeiten an ihrer "Third Mission" im Verbund-Projekt "TransInno_LSA".