Dreifache KAT-Kraft auf der Hannover Messe 2025

Hochschulen Anhalt, Harz und Magdeburg-Stendal überzeugen mit ihren Forschungsprojekten

Von Karoline Klimek, Ulrike Herbert, Friedrich Engelmann | 08. April 2025

Ob KI-unterstütztes Waldmonitoring, verbesserte Angriffssicherheit von E-Ladesäulen oder medizinisches OP-Gerät – auf der Hannover Messe 2025 präsentierten drei KAT-Hochschulen eine Vielfalt an neuartigen Produkten und ganz konkreten Lösungsansätzen für gesellschaftlich und wirtschaftlich relevante Problemstellungen. Vom 31. März bis 4. April waren Projektteams der Hochschulen Anhalt, Harz und Magdeburg-Stendal auf der weltweit bedeutsamen Industriemesse, um ihre Forschung einem breiten Fachpublikum vorzustellen. Am Gemeinschaftsstand des Landes Sachsen-Anhalt unter dem Motto „Forschung für die Zukunft“ kamen sie mit Vertretern aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft ins Gespräch.

Hochschule Anhalt:
Waldmonitoring per App, klimafreundliche Stadtplanung mittels 3D-Wärmebildern und Mikroalgen als Erdölersatz

Mit drei Ausstellungsthemen war die Hochschule Anhalt auf der Hannover Messe vertreten. Technologie, Naturschutz und Engagement aus der Bevölkerung sind die Grundlage für das KAT-eigene Projekt „MeineWaldKI“ unter der Leitung von Prof. Dr. Anika Groß. Ziel ist es, die Öffentlichkeit aktiv in die Waldzustandserhebungen einzubinden, um das Waldmonitoring zu unterstützen und gleichzeitig das gewonnene Wissen über den Wald an die Teilnehmenden zurückzuspielen. Dies soll mittels App gelingen, deren Prototyp auf der Messe gezeigt wurde. Die über die App eingespeisten Fotos sollen über KI-gestützte Analysen eine Ergänzung zum traditionellen Waldmonitoring ermöglichen. Die Besonderheit des Projekts ist seine Interdisziplinarität: Es wird standortübergreifend durch mehrere Professuren und Arbeitsgruppen der Hochschule Anhalt durchgeführt.

Neue technologische Möglichkeiten zur Gewinnung von Ölen aus bestimmten Mikroalgen, die während des Wachstums gebildet werden, zeigten Prof. Carola Griehl und Dr. Christian Kleinert vom Kompetenzzentrum Algenbiotechnologie der Hochschule Anhalt anhand des ausgestellten Algenbioreaktors. Die Öle bestehen aus Kohlenwasserstoffen und werden durch den sogenannten in situ-Extraktions-(„Milking“)-Prozess geerntet. Sie können als Rohölersatzstoffe verarbeitet werden, ohne die Zellen zu zerstören. Diese Kohlenwasserstoffe könnten einen vielversprechenden Ersatz für fossiles Rohöl darstellen und einen entscheidenden Beitrag zu einer nachhaltigeren Energieproduktion leisten.

Im Kontext der kommunalen Energie- und Wärmeplanung sowie der Entwicklung und Beobachtung von Klimaanpassungsstrategien in städtischen Bereichen bieten hochauflösende Thermaldaten eine wertvolle, auf Beobachtungen basierende Datengrundlage. Prof. Dr. Marion Pause stellte auf der Hannover Messe das innovative Sensorsystem „3D Thermography - Aero Oblique System (AOS-T)“ vor, welches von Airborne Technical Systems (ATS) in Zusammenarbeit mit dem Institut für Geoinformation und Vermessung der Hochschule Anhalt (IGV) entwickelt wurde. Ausgestattet mit einer Kombination aus Thermal- und RGB-Kameras erzeugt das System detailreiche thermische 3D-Modelle von Stadtgebieten und leistet somit einen entscheidenden Beitrag für die urbane Klimaforschung.

Hochschule Harz:
Lösung zur Cybersicherheit von E-Ladesäulen und digitale Ausweisfunktion

Die Hochschule Harz präsentierte sich mit zwei Forschungsprojekten am Gemeinschaftsstand. In seinem Projekt CyberSecurity-Verbund LSA II, das vom Land Sachsen-Anhalt und der EU gefördert wird, arbeitet Patrick Rempel an der Umsetzung einer EU-weit gültigen digitalen Brieftasche (englisch: European Union Digital Identity Wallet, kurz EUDI-Wallet). Wichtige persönliche Dokumente sollen in naher Zukunft auf dem Smartphone abgerufen werden können. Neben Führerschein und Personalausweis gehören dazu auch Lernnachweise und Zeugnisse von Hochschulen sowie deutschen Bildungsakademien. „Wir arbeiten an einer technischen Lösung, diese Dokumente europaweit digital und fälschungssicher auszustellen, damit sie beispielsweise in digitalen Bewerbungsprozessen abrufbar sind“, erklärt der Projektleiter. Das CyberSec-Team beantwortete in Hannover allgemeine Fragen zur geplanten Umsetzung des EUDI-Wallets für Deutschland und zum bisherigen Stand der Zuarbeit des Teams an der Hochschule Harz.

Mit der Angriffssicherheit von Ladestationen für Elektrofahrzeuge beschäftigt sich das KAT-eigene Projekt SIMAC unter Leitung von Prof. Dr. Patrick Rempel und Prof. Dr. Thomas Leich von der Hochschule Harz. „Die Bundesregierung hat sich sehr stark auf die schnelle und flächendeckende Errichtung von Ladesäulen konzentriert, dabei ist das Thema Sicherheit etwas zu kurz gekommen“, verdeutlicht Patrick Rempel. Das ermögliche Cybergriffe auf öffentlich zugängliche Elektroladestationen. „Angreifer erbeuten dabei nicht nur kostenfreien Strom, sondern können durchaus auch auf Zahlungsdaten von Nutzern zugreifen oder sogar die Kontrolle über Backend-Server und weitere Ladestationen übernehmen, was im schlimmsten Fall die Lastregelung des regionalen Stromnetzes betreffen kann.“ Auf der Messe infomierte er darüber, wie diese Sicherheitslücke geschlossen werden kann, und demonstrierte die technischen Grundlagen an einem Versuchsaufbau.

Hochschule Magdeburg-Stendal:
Prototyp für Medizintechnik und virtuelles Labor

Mit zwei Produktvorstellungen war die Hochschule Magdeburg-Stendal vor Ort. Mit dem „Orthojet“ wurde ein ganz besonderes Produktmuster gezeigt, denn die zugrundeliegende Kooperation zwischen Projektleiter Prof. Dr. Mathias Betram aus dem Institut für Industrial Design mit dem Medizintechnikhersteller endocon aus Baden-Württemberg kam im Vorjahr an gleicher Stelle ins Rollen. Das Projekt ist damit ein Musterbeispiel der Zusammenarbeit von Wirtschaftsunternehmen und Hochschule. Im Rahmen des Praxissemesters hatten Masterstudenten des Studiengangs Engineering Design an der Hochschule Magdeburg-Stendal im vergangenen Jahr die Aufgabe, ein Gerät zu entwickeln, das sich dazu eignet, bei medizinischen Eingriffen – etwa bei der Revision von künstlichen Hüftgelenken – alten und überschüssigen Knochenzement mithilfe einer speziellen Wasserstrahl-Technologie zu entfernen. Die entstandenen studentische Entwürfe wurden auf der Hannover Messe 2025 präsentiert. Die Muster setzen sich aus einem Beiwagen und einem Handgerät für den gezielten Einsatz des Wasserstrahls zusammen.

Neben dem „Orthojet“ wurde am Gemeinschaftsstand auch das virtuelle Labor „ViSUS PRO“ zur Produkttestung und -entwicklung der Hochschule Magdeburg-Stendal präsentiert. Dieses wird in einem aktuellen Vorhaben dazu genutzt, die Auswirkungen unterschiedlicher Lichteinflüsse im Straßenverkehr in Bezug auf Blendung oder Wohlbefinden des Insassen zu untersuchen. Durch den Einsatz von Technologien wie Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) sowie durch die Kombination von Brillen bzw. Headsets, einem Ganzkörperanzug namens Rokoko Smart Suit und weiterer Hard- und Software bietet „ViSUS PRO“ über die Automobilbranche hinaus perspektivisch auch Anwendungsmöglichkeiten in weiteren Feldern der Entwicklung und Testung von Produkten. Über die vielfältigen Einsatzoptionen sowie den bisherigen Forschungsstand informierte das achtköpfigen Projektteam um Prof. Dr. Benedikt Lamontain aus dem Institut für Maschinenbau.